Den Sonntag in der Weihnachtsoktav widmet die Kirche der Verehrung der Heiligen Familie. In diesem Jahr heuer fällt kein Sonntag in die Oktav, so wird das Fest der Heiligen Familie am 30. Dezember gefeiert. Dies gibt mir einen Anlaß, heute einmal über die Heilige Familie nachzudenken. Da gibt es ein sehr schönes Wort von Papst Paul VI., der am 5. Januar 1964 in Nazaret war und dort gesagt hat: »Das Haus von Nazaret ist eine Schule, in der man beginnt, Christi Leben zu verstehen.« Es ist eine Schule des Gebets, wo man das Geheimnis der Menschwerdung Gottes betrachten kann, wo man mit Maria und Josef das Offenbarwerden des Sohnes Gottes immer tiefer sehen lernt. Das Lukasevangelium berichtet eingehend über die Kindheit Jesu und die Aufnahme dieses Geschehens seitens der Mutter. Lukas sagt: »Maria bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach« (Lk 2,19). Er sagt das an zwei Stellen, um zu zeigen, daß Maria eine meditative Frau war, die die Dinge nicht nur äußerlich an sich vorbeiziehen ließ, sondern sie innerlich gesammelt, innerlich gleichsam „verdaut“ und sich zu eigen gemacht hat. Damit ist Maria im Glauben ein Vorbild: sie hört zu, sie betrachtet den Zusammenhang der Worte und des Handelns ihres Sohnes und lernt auf diese Weise ihn und Gott selbst immer besser kennen. Maria wird durch dieses meditative Sein fähig, von der Sichtweise Gottes her zu leben. Und diese Haltung überträgt sich auch auf den heiligen Josef, der im Evangelium als eine schweigende, aber beständige und tätige Person dargestellt wird. Josef ist derjenige, der annimmt, was Gott von ihm will, und der in der väterlichen Aufgabe Erfüllung findet, auch wenn sie nur der Spiegel ist für die wahre Vaterschaft Gottes, da Jesus, der Knabe, ja, wie er den Eltern erklärt, »in dem sein muß, was seines Vaters ist« (vgl. Lk 2,49), und damit darauf verweist, wer sein wirklicher Vater ist.